Nach knapp einem Jahr gibt es von
Steven Wilson neues Material in Form einer EP (Extended Play) namens „4 ½“.
Von den insgesamt sechs Songs stammen vier Songs aus den Aufnahmesessions zu „Hand.
Cannot. Erase“ und einer aus den Sessions zu „The Raven That Refused to
Sing“. Außerdem findet sich auf der EP noch eine Neuauflage des Porcupine
Tree-Songs „Don't Hate Me“. Da mir „Hand. Cannot. Erase.“ zuletzt sehr gefallen
hat, war ich sehr gespannt darauf, wie die (überwiegend) neuen Songs klingen. Hier
ein erster Eindruck:
Das erste Stück „My Book of
Regrets“ ist ein ausuferndes, über neuneinhalb Minuten langes Prog-Rock
Werk mit vielen Facetten. Es fängt etwas zaghaft a, geht dann aber ab dem zweiten
Viertel in einen groovigen Instrumentalteil über. Besonders schön ist das
Gitarrensolo zum Ende, begleitet von angenehmen Mellotron-Streichern und einer Hammond-Orgel.
Zum Schluss wird dann das Anfangsmotiv wieder aufgegriffen. „My Book of Regrets“
ist abwechslungsreich, unterhaltsam und dabei dennoch kreativ – mein erstes
Highlight dieses „Mini-Albums“. Als nächstes wird es dann entspannter. Das
Instrumental „Year of the Plague“ stammt aus den Sessions zu „The Raven
That Refused to Sing“. Es zählt für mich leider zu den eher schwächeren Songs
dieser EP. Steven Wilson spielt hier und da für meinen Geschmack zu sehr mit
verschiedenen Samples (Violine, Chöre usw.) herum. Man kann es sich gefahrlos anhören,
allerdings ist das Instrumental für meinen Geschmack dann doch zu belanglos. Die
leichte, freundliche und zugängliche Seite wird mit „Happiness III“
repräsentiert. Ähnlich wie „Hand Cannot Erase“ (gemeint ist der Song), geht der
Song sofort ins Ohr. In einer gekürzten Fassung, könnte ich mir den Song auch
durchaus im Radio vorstellen. Darauf folgt dann ein weiteres Instrumental: „Sunday
Rain Sets In“, dieses Mal aus den Aufnahmesessions zu „Hand. Cannot. Erase“.
Kurzum: Es ist ganz nett. Wie aber auch das schon von mir erwähnte „Year of the
Plague“, ist das Stück eher bedeutungslos. Dafür wird anschließend wieder spannender.
Ein weiteres Highlight ist für mich das treibende, instrumentale „Vermillioncore“.
Das Stück wurde bereits 2013 geschrieben, und im letzten Jahr fertiggestellt. Im
Gegensatz zu den Tracks 2-4, ist „Vermillioncore“ endlich wieder rockig.
Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang das groovige Bassspiel
von Nick Beggs – einfach großartig.
Zum Abschluss gibt es dann eine Neuaufnahme
des Porcupine Tree-Klassikers „Don't Hate Me“. Es soll auf der letzten
Europa-Tournee aufgenommen worden sein. Dazu kamen dann laut Booklet einige
nachträgliche Bearbeitungen im Studio. Steven Wilson singt diesen Song im Duett
mit Ninet Tayeb, welche bereits auf „Hand. Cannot. Erase.“ mitwirkte. Wer jetzt
aber an das hervorragende und emotionale „Routine“ denkt, wird etwas enttäuscht
sein. Ninet kommt mit ihren Gesangskünsten nicht voll zur Geltung. Obwohl die
Neuaufnahme einige interessante Fassetten bietet, gefällt mir das Original doch
etwas mehr.
Zusammenfassend erhält man mit
der EP „4 ½“ eine ordentliche Mischung aus Outtakes und Neuaufnahmen in
der gewohnten hohen Qualität. Meine Highlights sind eindeutig „My Book of
Regrets“, das instrumentale „Vermillioncore“ und „Don't Hate Me“. Allerdings
können die anderen drei Songs das hohe Niveau der anderen Tracks nicht aufrechterhalten.
„Happiness III“ ist leichtgängig und dabei trotzdem gut, aber „Year of the
Plague“ und „Sunday Rain Sets In“ fallen im Gegensatz zum Rest ab. Aber
vielleicht erschließen mich diese zwei Stücke nach einer Zeit noch. Ich möchte
daher nochmal betonen, dass dies hier erste Eindrücke sind – wohlmöglich kann es
in drei-vier Monaten ganz anders aussehen („Hand. Cannot. Erase.“ brauchte bei
mir auch erst eine Zeit, bis es gezündet hat). Momentan geb ich der EP aber vier
von fünf Sternen. Was meint ihr?