Mittwoch, 14. September 2016

Jennifer Rostock: Genau in diesem Ton (2016)



Ebbe und Flut

Jennifer Rostock sind endlich zurück! Ich kenne und liebe die Band nun seit 2011 („Mit Haut und Haar“ wird deshalb wohl auf ewig meine Lieblingsscheibe der Band sein…) und freue mich riesig, das das neue Album nun in meinen Händen halten zu können! Zwei Jahre hat es seit „Schlaflos“ und der EP „Kaleidoskop“ gedauert, bis das neue Studioalbum „Genau in diesem Ton“ erschien. Die Aufnahmen dazu gingen bis in den Herbst 2015 zurück und dementsprechend war ich auf die neue Platte gespannt. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Einige YouTube-Videos von den neuen Songs wurden schon im Vorfeld ausgekoppelt und ließen erahnen, wie das neue Album klingen könnte. Also lange Rede, kurzer Sinn – werfen wir die CD einfach in den CD-Spieler und hören uns die neuen Songs einfach mal an (Ich werde jetzt nicht jeden einzelnen Song des Albums dursprechen, das würde sicher den Rahmen sprengen…).

Den Auftakt macht UNS GEHÖRT DIE NACHT und sofort hört man den typischen Jennifer Rostock- Sound raus: elektrisch aber trotzdem rockig, mitreißend aber keineswegs billig daherkommend! Es ist ein schöner, selbstbewusster Poprocksong der sich perfekt als Opener eignet. Selbstbewusst ist auch das nächste Lied IRGENDWAS IST IMMER, in welchem die heutige Meckerkultur der Menschen angeprangert wird. Der Song ist rockig, kurzweilig und strotzt nur von E-Gitarren. Vor allem weiß auch Jennifer mit ihrem Gesang zu gefallen – ich liebe es, wenn sie ab und zu auch mal „rumschreit“. Nächstes Highlight des Albums ist WIR WAREN HIER. Auch dieser Song ist so typisch Jennifer Rostock, der ein ungemeines Ohrwurmpotenzial hat und mit Sicherheit auch live sehr gut ankommen wird! Ich kann mir den Song auch gut im Radio vorstellen. Das nachfolgende NEIDER MACHEN LEUTE hat mich anfangs etwas an „Mein Mikrofon“ erinnert, geht dann aber doch in eine härtere Richtung. Ich mag den Song sehr. Große Klasse ist auch der Text, in welchem die Band ihre Vergangenheit reflektiert und eine deutliche Botschaft an ihre Kritiker sendet: Wir sind (gottseidank!) nicht totzukriegen.
Auf jedem Jennifer Rostock Album gab es bisher immer ein oder zwei Songs, die aus dem Rahmen fielen. Die große Überraschung dieses Albums ist das Lied HENGSTIN, welches mit fetten Beats daherkommt und in etwas in die Hip-Hop-Richtung geht. Natürlich ist dies nicht jedermanns Sache und auch ich musste den Song ein paar Mal hören, um mich damit anfreunden zu können. Mittlerweile kann ich aber auch damit etwas anfangen, auch wenn es sicher nicht einer meiner Favoriten des Albums wird. Ich bin gespannt, ob die Band diesen Song live performen wird.
Nach diesen kraftvollen, selbstbewussten und mitunter ungewöhnlichen Songs braucht man etwas Erholung. Genialer Weise hat man nach dem bizarren „Hengstin“ ein kurzes Instrumental mit dem Titel EBBE UND FLUT angeordnet. Dieses Kleinod sorgt für die nötige Ruhe, entspannt und bereitet einen auf die nächsten Großtaten vor, die folgen sollten. Es geht direkt in den nächsten Song über, welcher passender Weise DEICHE heißt. Das Lied ist die erste Ballade des Albums. Auch hier werden ruhigere Töne angeschlagen.
Im nächten Song wird es politisch. Jennifer Rostock sind ja dafür bekannt, dass sie politische Themen immer wieder mal in ihren Songs verarbeiten, doch hier ist es sehr deutlich zu spüren. WIR SIND ALLE NICHT VON HIER thematisiert die Flüchtlingsproblematik sowie aktuelle Strömungen wie PEGIDA oder die AfD. Keine allzu leichte Kost also. Es ist aber mutig auch solche Dinge anzusprechen und das verdient in meinen Augen Respekt. Letztendlich bleibt nämlich eine Aussage: Alle Menschen sind gleich! Textlich und musikalisch wird dies sehr gut umgesetzt und Jennifers kraftvoller, ausdrucksstarker Gesang passt wunderbar zu diesem Song. Aktueller Favorit ist übrigens der Song JENGA – ein ziemlicher Kontrast zum vorherigen Lied, denn hier werden Themen wie das Auseinanderleben und Zerbrechen von Beziehungen behandelt. Den Abschluss macht I LOVE YOU, BUT I’VE CHOSEN DISPO, welcher ein typischer Jennifer Rostock Punkrocksong mit Hardcoreeinflüssen ist, der zu gefallen weiß. Und damit ist das Album auch schon zu Ende.

Ich hatte von Anfang an sehr hohe Erwartungen an das neue Album, da mir die zwei Vorgängeralben sehr gefielen und auch die kleine EP „Kaleidoskop“ perfekt war – enttäuscht wurde ich nicht im geringsten! „Genau in diesem Ton“ ist ein abwechslungsreiches, kräftiges und vor allem erwachsenes Album. Das hier ist kein Mainstream, sondern vielfältiger Deutschrock. Das Album bietet weit mehr als normalen Pop-Rock – es gibt Ausflüge in den Punkrock, Hardcore-Einflüsse und sogar einen kurzen Streifzug in den Hip-Hop. Ich bin jedenfalls mit dem Album mehr als zufrieden. Viele Songs sind wirklich gut! Meine Lieblingssongs sind „Wir waren hier“, „Deiche“, „Wir sind alle nicht von hier“ und „Neider machen Leute“. Für jeden Jennifer Rostock – Fan ist das neue Album ein Must-Have! Danke für die tolle Musik und wir sehen uns dann im nächsten Jahr auf der Tour!! Ich vergebe daher wohlverdiente 5 von 5 Sternen.

(Wenn ihr Fragen, Anmerkungen oder Kritik bezüglich meiner Rezension habt, dürft ihr dies gerne in den Kommentaren kundtun.)


 (Eigene Fotos, Verwendung nur mit Erlaubnis des Fotografen.)
  (Eigene Fotos, Verwendung nur mit Erlaubnis des Fotografen.)
  (Eigene Fotos, Verwendung nur mit Erlaubnis des Fotografen.)