Acolyte To Wolflight with Genesis
Revisited
Freitagnachmittag, ich sitze im
Zug nach Hamburg, vor mir liegt eine mehr als vierstündige Fahrt mit verschiedenen
Regionalbahnen und freue mich schon sehr auf das mir bevorstehende Konzert. Im
Rahmen seiner Herbst-Tour 2015, die unter dem tollen Namen Acolyte To Wolflight
with Genesis Revisited läuft, machte Steve Hackett auch am 11. September 2015 in
der Hamburger Laeiszhalle halt. Als großer Hackett-Fan war meine Vorfreude
entsprechend groß und fieberte schon Wochen vor dem Ereignis dem entgegen. Die
Hamburger Laeiszhalle ist ein altes, traditionsreiches Konzerthaus. Mit einer
prachtvollen Außerchitektur wirkt das Gebäude Johannes-Brahms-Platz eher wie
ein Ort für Opern und Symphonien anstelle eines Rockkonzertes. Auch das Innere
der Halle wirkte mit seinen roten Sitzen, der kunstvollen Gestaltung und einer
großen Orgel sehr würdevoll und erhaben. Der große Saal nimmt über 2000
Zuschauerplätze auf, und ich war überrascht, dass der Saal an diesem Abend
üppig gefüllt war – inklusive den Sitzen auf den oberen Rängen. An dieser
Stelle möchte ich mich noch ein Mal beim Deutschen Genesis Fanclub it
für die Ticketaktion bedanken, so bekamen wir Top-Sitzplätze. Die Bühne war
recht überschaubar, nicht sehr groß und dadurch wirkte alles viel gemütlicher.
Das Publikum wirkte vor dem Konzert sehr gefasst und man merkte nach
Überschreiten der 20 Uhr-Marke regelrecht, wie die Spannung stieg.
DAS KONZERT
Um kurz nach 20 Uhr ging es dann
auch los. Das Konzert dauerte gute 3 Stunden, inklusive einer 20 minütigen
Pause. Die erste Hälfte bestand ausschließlich aus Hackett-Solosongs, nach der
Pause wurde dann ein Genesis-Block gespielt. Die Setlist war dieselbe wie auch
schon in Stockholm und bestand aus folgenden Songs:
Set 1:
Spectral Mornings
Out of the Body
Wolflight
Every Day
Love Song to a Vampire
The Wheel's Turning
The Steppes
Loving Sea
Star of Sirius
Ace of Wands
A Tower Struck Down
Clocks - The Angel of Mons
Shadow of the Hierophant (instrumental only)
Set 2:
Get 'em Out by Friday
Can-Utility and the Coastliners
After the Ordeal
The Cinema Show
Aisle of Plenty
Hairless Heart
The Lamb Lies Down on Broadway
The Musical Box
Encore:
Icarus Ascending
Firth of Fifth
Spectral Mornings
Out of the Body
Wolflight
Every Day
Love Song to a Vampire
The Wheel's Turning
The Steppes
Loving Sea
Star of Sirius
Ace of Wands
A Tower Struck Down
Clocks - The Angel of Mons
Shadow of the Hierophant (instrumental only)
Set 2:
Get 'em Out by Friday
Can-Utility and the Coastliners
After the Ordeal
The Cinema Show
Aisle of Plenty
Hairless Heart
The Lamb Lies Down on Broadway
The Musical Box
Encore:
Icarus Ascending
Firth of Fifth
Mir war die Setlist wage bekannt
– das ließe sich dank meiner Neugierde doch nicht vermeiden, war aber des
öfteren positiv überrascht, welche Songs Steve an diesem Abend spielte. Es war
ein recht kontrastreiches Programm, bestehend aus intensiven und ruhigeren
Songs. Alleine der Anfang war grandios. Schon zu Beginn spielte die Band den
Klassiker Spectral Mornings
– eine ungewöhnliche und mutige Wahl, denn dieses Instrumental dürfte *DAS*
Hackett-Stück schlechthin sein. Ob dieses Stück als Opener gut geeignet ist
oder nicht, ist sicher Ansichtssache. Dennoch war es ein wundervoller Start und
sofort war die Gänsehaut bei mir da. Danach gab es mit Out of the Body und Wolflight zwei Songs seines
aktuellen Albums und besonders hier war es interessant zu erfahren, wie diese
neuen Songs live wirken. Erfreulicherweise ist zu sagen, dass diese ohnehin
fantastischen Songs live noch mal ein ganzes Stück dazugewonnen haben. Anschließend
begrüßte uns alle Steve in seiner gewohnt freundlichen und offenen Art. Mit EVERY
DAY folgte dann ein weiterer Kracher. Da ich diesen Song liebe und schon
unendliche Male gehört habe, war dies natürlich ein ganz besondere Moment für
mich und sicher ein erstes Highlight. Auf hohem Niveau ging es dann weiter mit LOVESONG
TO A VAMPIRE, welches mit seinen ausufernden Chören im Refrain einem „Court
of the Crimson King“ nicht unähnlich ist. Es folgte dann The Wheel's Turning mit seinem ulkigen Anfang („There is
no Schadenfreude here“). Auch dieser Song war live unglaublich gut. THE
STEPPES von seinem 1980er Album Defektor folgte danach. Da dieses Stück
durch seine tiefen Bässe der Basspedale lebt, vibrierte der Boden regelrecht –
das war schon eine beeindruckende Präsentation. Bei LOVING SEA wurde es
akustisch. Steve wechselte zur 12-saitigen Gitarre, Gary O’Toole kam von seinem
Schlagzeug hervor und gesellte sich neben Steve auf die Bühne, wo er zusammen
mit Rob Townsend für Percussions zuständig war – mal etwas anderes, aber sehr
gut. Durch das geschickte Einstreuen solch ruhiger Song in mitten eines recht
intensiven Programms, konnte sich das Publikum erholen und entspannen.
Jedenfalls sorgte der Song für einen guten Kontrast. Nach diesem leichten Stück
kam erstmals Nad Sylvan auf die Bühne und sang STAR OF SIRIUS, und hier
konnte er sofort überzeugen. Er machte seine Sache gesanglich sehr gut und
stand einem Phil Collins in nichts nach.
Zum Ende des ersten Blocks gab es
noch einmal drei essentielle Stücke aus seinem Solowerk. Den Anfang machte hier
ACE OF WANDS, welches ohne Vorankündigung direkt von STAR OF SIRIUS
aus über ging. Dieses farbenfrohe Instrumental darf natürlich bei keinem
Hackett-Konzert fehlen, und auch diese Mal war es ein echtes Highlight. Die
Band uns Steve selbst zelebrierten diesen Song mit einer unglaublichen
Lebensfreude, das es einfach Spaß macht, dem zuzuhören. Das anschließende
Ticken der Uhren kündigte das dunkle, wuchtige CLOCKS an. Durch das
Verwenden von reichlichen Mellotron-Streichern und Basspedalen, wird hier eine
bedrohliche Stimmung erzeugt, welche sich dann schlagartig entlädt.
Hervorzuheben ist hier wieder einmal Gary O’Toole, denn sein Drumsolo am Ende
von CLOCKS ist grandios. Zum Schluss folgte dann noch der
Instrumentalteil von SHADOW OF THE HIEROPHANT, und hier gab die Band
noch mal alles. Großartig präsentierten uns die fünf Musiker dieses Stück und
am man wollte man eigentlich, das es damit nicht aufhört. Nach diesen
großartigen Stücken war man regelrecht außer Atem, aber auch sehr zufrieden,
denn der erste Teil des Konzertes bot uns ein abwechslungsreiches Programm.
Neben den fünf Stücken seines aktuellen Soloalbums Wolflight wurden die
wichtigsten Stücke seines recht umfangreichen Oeuvres gespielt, sodass so gut
wie jeder daran Gefallen gefunden heben darf.
Nach einer 20 minütigen Pause
(die nach so einem umfassenden ersten Teil echt nötig war), fand sich die Band
wieder auf der Bühne ein und präsentierte uns acht Stücke aus dem
Genesis-Kosmos. Den Anfang machte hier Get
'Em Out By Friday. Das
recht sperrige Stück überzeugte durch die vielen aufgeteilten Gesangparts, denn
nicht nur Nad Sylvan, sondern auch Gary O’Toole und Steve Hackett selbst teilten
sich hier den Gesang.
Erstes Highlight des zweiten
Blocks war dann aber Can-Utility and
the Coastliners – ein Song, welcher vielleicht wie kein
anderer die Essenz von Genesis beinhaltet. Sofort war dieser Gänsehautmoment
während des Instrumentalteils da, auch wenn das Mellotron vielleicht etwas zu
leise war (später dazu mehr…). Das Stück konnte live überzeugen und wurde auch
vom Publikum verdienterweise gebührend gewürdigt. Anschließend wurde es
interessant….
Richtig gespannt war ich nämlich auf
den Dreiteiler, bestehend aus AFTER THE ORDEAL, THE CINEMA SHOW und AISLE OF
PLENTY. Ersteres wurde in einer erweiterten Version gespielt, als es auf
Selling England by the Pound zu finden ist. Hier konnte Neuling Roine Stolt an
der E-Gitarre mit einem schönen Solo brillieren und zeigen, dass auch er ein
guter Gitarrist ist. Es folgte THE CINEMA SHOW, welches sich weitestgehend
an das Original hielt. Tonys Synthie-Solo wurde von Roger King gespielt, mit Unterstützung
von Rob Townsend an den Blasinstrumenten. Steve spielte Mike Rutherfords Rhythmusgitarren-Part,
während Roine Stolt an der Doubleneck-Gitarre den Bass bediente. Auch hier war
es schön Gary beim Schlagzeug-Spiel zuzusehen. Es ging nahtlos in AISLE OF
PLENTY über, in welchem Nad Sylvan allerdings nicht wie im Original die
skurrilen Supermarkt-Angebote sang. Man war dennoch gut unterhalten. Vielleicht
hatte man THE CINEMA SHOW anders arrangieren können, sodass Tonys
Soloteil am Synthesizer von Steve mit der Gitarre gespielt worden wäre,
allerdings jammere ich jetzt auch auf extrem hohem Niveau. Für die nötige
Verschnaufpause sorgt dann im zweiten Block dieses Mal HAIRLESS HEART
von der „The Lamb…“ – ein wundervolles Kleinod, und es war mal spannend dieses
Instrumental live zu erleben. Wir bleiben beim selben Genesis-Album denn nun
folgt dessen Opener…
Über die Wahl von THE LAMB
LIES DOWN ON BROADWAY lässt sich sicher streiten. Ich hatte den Eindruck,
dass es nicht wirklich ins Set passte. Man hätte vielleicht dann doch einen
Song nehmen sollen, wo es einen direkten Bezug zu Steve gibt, wie
beispielsweise CARPET CRAWLERS oder FLY ON A WINDSHIELD. Dennoch
wurde das Stück solide dargeboten. Anschließend folgte mit THE MUSICAL BOX
dann ein Klassiker, ein richtiges Highlight. Auch hier wird wieder einmal
gezeigt, wie wichtig die Rolle von Rob Townsend doch ist. Durch das Einstreuen
der Blasinstrumente wird dem Song das nötige I-Tüpfelchen verpasst. Spätestens
zum Ende des Songs hat die Stimmung im Saal ihren Maximalstand erreicht. Ich
bin einfach nur begeistert von dieser Performance - THE MUSICAL BOX war
wahrscheinlich DER Höhepunkt an diesem Abend. Die anschließenden Standing
Ovations waren absolut berechtigt! Danach war der reguläre Teil des Konzertes
vorbei. Die Band verlies die Bühne, aber nur vorzeitig….
Als Zugabe des Konzertes wurden
noch ICARUS ASCENDING und FIRTH OF FIFTH gespielt. Über ersteres
war man ja im Vorfeld schon informiert, dass es gespielt werden sollte. Alle
Welt hat sich gefragt, wie dieses Juwel mit Nad Sylvans Stimme wohl klingen mag.
Es ist natürlich schwer, jemanden wie Richie Havens zu ersetzten, aber ich bin
der Meinung, dass sich diese Liveversion vom Original nicht verstecken muss.
Bevor die Band dann wirklich die Bühne verließ, gab es mit FIRTH OF FIFTH
noch ein letztes Highlight und auch bei diesem Song war die Stimmung einfach
grandios. Sowohl Band, als auch Publikum waren zum Schluss sehr gut drauf. Das überragende
Gitarrensolo war wie immer zum Niederknien und dürfte auch den letzten Nörgler
zufriedengestellt haben. Anschließend war das Konzert dann wirklich zu Ende.
Wie schnell doch so ein Abend voller Musik vorbei sein kann…
DIE BAND
Steve
Hackett – electric
and acoustic guitars, lead vocals and backing vocals
Roger King – keyboards, programming
Rob Townsend – sax, flute, tin whistle, clarinet, additional keyboards, percussions, backing vocals
Gary O'Toole – drums, percussions, vocals and backing vocals
Roine Stolt – bass guitar, double-neck guitar (12 string guitar and bass), electric guitar, backing vocals
Nad Sylvan – lead vocals, percussions
Roger King – keyboards, programming
Rob Townsend – sax, flute, tin whistle, clarinet, additional keyboards, percussions, backing vocals
Gary O'Toole – drums, percussions, vocals and backing vocals
Roine Stolt – bass guitar, double-neck guitar (12 string guitar and bass), electric guitar, backing vocals
Nad Sylvan – lead vocals, percussions
Die Band spielte an diesem Abend
auf gewohnt hohem Niveau und war stets gut gelaunt. Steve Hackett wirkte wie
immer stets freundlich, offen und dem Publikum zugewandt. Man merkt dem
Altmeister einfach an, dass er Spaß an seiner Sache hat. Ab und zu sprach er
zum Publikum, ließ aber ansonsten seine Gitarre sprechen. Seine Gitarrenkünste
sind ohne Zweifel erhaben und er spielte an diesem Abend alle Songs mit einer
Leidenschaft, die seinesgleichen sucht. Hervorzuheben seien da EVERY DAY, Love Song to a Vampire und SPECTRAL
MORNINGS. Ein weiterer Musiker, der an diese Abend wahnsinnig viel
Spaß gehabt haben dürfte, ist Gary
O'Toole. Er machte seine Sache sehr gut, wirkte locker und lässig. Es
hat einfach Spaß gemacht ihm zuzuschauen. Besonders SHADOW OF THE HIEROPHANT
und das Drumsolo am Ende von CLOCKS machten deutlich, dass Gary ein Vollblutmusiker ist.
Zu erwähnen sei auch die Rolle von Rob Townsend, der schon seit vielen Jahren dabei ist und zu einem
essentiellen Bestandteil der Band wurde. Die Einbindung der verschiedenen
Blasinstrumente gab den Songs das gewisse etwas. Aber auch Roger King an den Keyboards
machte seine Arbeit wie gewohnt (wenn man von einem kurzen Verspieler bei FIRTH
OF FIFTH absieht) sehr gut. Der Neuling in der Runde – Roine Stolt – wirkte
manchmal etwas schüchtern und unsicher. Ich bin mir nicht sicher, ob er sich in
der Rolle des Bassisten so richtig wohlfühlte. Man muss dazu aber auch sagen,
dass es schwer ist, jemanden wie Nick Beggs zu ersetzten. Im zweiten Teil der
Show kam Roine weit besser zur Geltung und wirkte in der Rolle des Mike
Rutherford sicherer. Dennoch macht er insgesamt seine Sache gut. Mit dabei ist
auch weiterhin Nad Sylvan. Er ist – man mag von ihm halten was man will –
inzwischen schon ein integraler Bestandteil der Steve Hackett – Mannschaft
geworden. Seine Interaktionen mit dem Publikum sowie kleine Details, wie z.B.
die Percussions bei Can-Utility and
the Coastliners machten
ihn mir sehr sympathisch. Auch gesanglich konnte er überzeugen, auch wenn er an
manchen Stellen etwas textunsicher war. Selbst das im Vorfeld angezweifelte ICARUS
ASCENDING brachte Sylvan mit Bravour rüber.
DER SOUND
Der Sound war stets „fett“,
besonders die Bässe kamen sehr gut rüber. Auch war das Konzert nicht zu laut,
sodass man anschließen keine betäubten Ohren zu fürchten hatte. Allerdings war
der Sound manchmal etwas zu breiig. Besonders die Keyboards kamen manchmal
etwas wenig zur Geltung. Besonders auffällig war dies bei Can-Utility and the Coastliners, da
gerade hier das Mellotron eine wichtige Rolle einnimmt. Auch hätte der Gesang
etwas differenzierter sein können, er ging manchmal im Soundbrei etwas unter.
Aber das ist sicher Lamentieren auf hohem Niveau, denn ansonsten gab es wenig
zu bemängeln. Das Konzert soll ja selbst im Surround-Klang gespielt worden
sein, wovon ich in der zweiten Reihe allerdings nicht allzu viel mitbekam, was
aber auch nicht sonderlich schlimm war.
ZUSAMMENFASSUNG
Alles in Allem war es ein toller,
abwechslungsreicher Abend. Meine doch recht hohen Erwartungen wurden zu keinem
Zeitpunkt enttäuscht. Erstaunlicherweise verging die Zeit doch recht schnell
und man mochte sich nach der Zugabe von der Band und Steve ungern trennen. Die
symphytische Band verabschiedete sich dann unter großem Applaus und dann war
das Konzert leider schon vorbei. Es war ein grandioses Ereignis, ein toller
Abend! Welcher von den beiden Teilen jetzt besser war, lässt sich schwer
einschätzen. Ich tendiere zum Hackett-Soloteil, da dort viele schöne Songs
gespielt wurden, die ich einfach mag. Was soll ich noch groß sagen? Ich werde dieses
Konzert jedenfalls noch lange in sehr guter Erinnerung behalten schwelgen… Danke
Steve (und Band)!