Neue Farben
im teutonischen Progressive Rock
Anfang der
80er Jahre hatten es viele Prog-Rock–Bands, aufgrund des veränderten
musikalischen Zeitgeistes, plötzlich schwer, zu überleben. Viele Bands
wandelten sich und fingen an, kürzere und einfachere Songs zu schreiben. Eloy
hatten den Übergang von den 70ern zu den 80ern im Vergleich dazu recht gut
überstanden. Aber zuerst einmal die Geschichte dazu:
Im Herbst
1979 stand die nächste große Bandumstellung bei Eloy an. Keyboarder Detlev
Schmidtchen und Schlagzeuger Jürgen Rosenthal, welcher auch seit „Dawn“ für die
Texte verantwortlich war, verließen die Band. Schon während den Aufnahmen zum
Vorgängeralbum „Silent Cries and mighty Echoes“ kam es zu Spannungen
innerhalb der Band, die zuletzt während 1979 noch einmal tourten. Infolge
dessen traten Schmidtchen und Rosenthal bei Eloy aus, um sich dem gemeinsamen Projekt
„Ego on the Rocks“ zu widmen. Damit war die „legendäre Eloy-Besetzung“
dahin. Im Gegensatz zur ersten großen Bewährungsprobe 1975, war Mastermind
Frank Bornemann dieses Mal aber nicht alleine. Bassist Klaus-Peter Matziol
wollte bleiben, und dabei helfen, die neuen Eloy zu formieren. Man fand die
neuen Musiker in Form von Hannes Arkona und Hannes Folberth. Gitarrist Hannes
Arkona war bereits auf der Tour 1979 als Zweitgitarrist dabei und kannte den
Pianisten Hannes Folberth. Dieser sollte wiederum die Lücke bei den Keyboards
füllen. Jim McGillivray wurde neuer Schlagzeuger – und fertig war die neue
Eloy-Besetzung. Schon im Frühjahr 1980 begannen die Aufnahmen zum neuen Album.
Aufgrund des Zeitdrucks seitens der Plattenfirma, konnte dieses Mal allerdings
kein pompöses, ausuferndes Konzeptalbum geschaffen werden, wie es die Alben
vorher waren. Das neue Album trägt den Namen „Colours“ und das hört man
auch! Es ist einerseits rockiger, aber andererseits auch bunter, lebendiger und
fröhlicher als die vielleicht etwas zu düster und mystisch daherkommenden
Vorgängeralben. Alle Songs sind unter 10 Minuten lang, das längste Lied dauert
gerade einmal 07:20 Minuten. Auch verschwanden zum Großteil die ausufernden
Instrumentalpassagen und atmosphärischen Keyboard-Flächen, dafür wurde alles
etwas straffer und knackiger.
Auf dem
Album befinden sich folgende Songs:
1.
Horizons (Lyrics:
Jim McGillivray)
2.
Illuminations (Lyrics:
Jim McGillivray)
3.
Giant (Lyrics:
Sonja Brown)
4.
Impressions (Lyrics: Sonja Brown)
5.
Child Migration (Lyrics:
Jim McGillivray)
6.
Gallery (Lyrics:
Jim McGillivray)
7.
Silhouette (Lyrics:
Jim McGillivray)
8.
Sunset (Lyrics:
Jim McGillivray)
Die
remasterte Version beinhaltet zusätzlich folgende Bonustracks:
9.
Wings Of Vision (Lyrics: Jim McGillivray)
10. Silhouette (Single Edit) (Lyrics: Jim McGillivray)
Alle Songs wurden von Eloy geschrieben und arrangiert. Produziert wurde das Album in den Horus Sound
Studios Hannover von Eloy und Frank Bornemann.
Die neu
formierte Band besteht im
Detail aus folgenden Musikern:
- Frank Bornemann: Acoustic and Electric guitars, Lead vocals
- Klaus-Peter Matziol: Bass guitars, Vocals
- Hannes Arkona: Acoustic and Electric guitars
- Hannes Folberth: Keyboards, Synthesizer and Piano
- Jim McGillivray: Drums, Percussion and Lyrics (except tracks 3 and 4)
Weitere
Musiker, die am Album beteiligt waren, sind:
- Edna and Sabine: Vocals on „Horizons“
Für die
Songtexte wurde wieder der Schlagzeuger engagiert, mit Ausnahme des dritten und
vierten Songs. Das Albumcover wurde von Winfried Reinbacher entworfen und
gehört zu den schönsten Covern die ich kenne. Es zeigt auch, in welche Richtung
die Songs gehen sollen. Thematisierten die Songs der zwei Vorgängeralben „Ocean“
und „Silent Cries and mighty Echoes“ meist recht dunkle Szenarien,
geprägt von Weltuntergängen, Ende der Menschheit etc., so sind die Songs auf
„Colours“ spürbar fröhlicher, munterer und naturverbundener.
Gleich im
ersten Song werden diese Themen aufgegriffen. „Horizons“ brilliert durch
Frauengesang und massiven Einsatz des Clavinets und hebt sich dadurch gleich zu
Anfang des Albums deutlich ab. In dem von Jim McGillivray geschriebenen Text
wird die Naturverbundenheit deutlich:
sunbeams
dancing in your mind
blue larks embracing
sunlight
lotus of
petals glistening
cool shade
of wise trees listening
dawn of
light lies between silence
chased amid
fusions of wonder
revealing
corridors of time
pictures of
redescending distance
love colours
sent within us
our endless
caress for freedom
dawn of
light lies between silence
chased amid
fusions of wonder
revealing
corridors of time
pictures of
redescending distance
love colours
sent within us
our endless
caress for freedom
Ich könnte
mir dieses sphärische Lied immer wieder anhören. Es ist einfach wunderschön.
Das
darauffolgende „Illuminations“ ist ein weiteres gutes Beispiel für die
neuen Eloy. Die Sounds sind teilweise viel spaciger als auf den Vorgängeralben
und kurze Gitarren-Riffs gesellen sich dazu. Insbesondere die Keyboard-Flächen
wurden durch vielfältige Synthie-Sounds ersetzt. Durch die vielen E-Gitarren
entsteht ein viel rockigerer Gesamtsound. „Giant“ fängt dagegen ganz in
alter Eloy-Manier mit den atmosphärischen ARP-String-Flächen an, um dann in
einen lockeren Rocksound zu münden. Immer wieder sind sehr schöne Melodiebögen
aus Synthesizern und ARP-Strings zu hören, ehe der Song in einen von Keyboards
getragenen Instrumentalteil übergeht, eh zum Schluss wieder Bornemanns
vertraute Stimme erklingt. Allgemein muss man sagen, dass sich sein Gesang im
Vergleich zu den Vorgängeralben (auf denen er teilweise sehr akzentuiert sang…)
verbessert hat. „Impressions“ besticht durch ein sehr schönes
Flötensolo, dessen Musiker allerdings nicht erwähnt wird, ansonsten ist dieses
schöne kurze Lied recht kurzweilig. Anschließend folgt „Child Migration“ –
der längste Song des Albums und mein Favorit. Ursprünglich wurde der Song im
Jahr 1979 zum Anlass des „Jahr des Kindes“ komponiert. Tatsächlich findet man
diese Version als Bonustrack der Neuauflage von „Silent Cries and mighty
Echoes“. Die Album-Version auf „Colours“ unterscheidet sich allerdings
deutlich von der ursprünglichen Version, da sich Bornemann dazu entschied, den
Song komplett umzuschreiben. Der Text wurde auch fast vollständig verändert. Im
Endeffekt entstand so ein ziemlich abwechslungsreicher Rocksong. Alleine das
Intro fängt schon interessant an, ansonsten wechseln sich rockige Gitarrenriffs
und sphärische Keyboard-Sounds immer wieder ab. Mit „Gallery“ folgt der
in meinen Augen einzige Tiefpunkt des Albums. Das recht poppig daherkommende
Lied mit einer Länge von 03:22 Minuten ist für meinen Geschmack viel zu
hecktisch und auf Dauer einfach nur nervig. Zum Glück wird man mit dem
nachfolgenden Song wieder entschädigt. „Silhouette“ fängt ganz wunderschön-dezent
an und wirkt mit dem vielen Klavier und Clavinet fast schon klassisch. Auch
hier ist der blumige und naturverbundene Songtext zu erwähnen:
she grew like the
blossming oak tree
a fountain of magic
spells
her mind was of
sunshowered beauty
we once knew so well
her roots
understanding of earth seeking silently
branches of arching
embrace and serenety
flowers revealing the
secret of her own mystery
her fruit offering
endless desire for true love and harmony
Nach diesem
farbigen Intro artet der Song allerdings in einen gradlinigen Rock-Song aus.
Für Eloy-Verhältnisse geht dieser Song ziemlich nach vorn. Irgendwie erinnert
mich das Lied an „Eye of the Tiger“ von Survivor, auch wenn dieses erst ein
Jahr später erschien. Zum Ende von „Silhouette“ gibt es dann noch ein knackiges
Gitarrensolo zu hören. Seinerzeit wurde das Lied auch als Single ausgekoppelt –
ohne das schöne Intro. Das Abschließende Stück „Sunset“ ist wiederum
rein instrumental und wirkt mit der Akustikgitarre und dem Synthesizer sehr
sphärisch. Wie auch schon „Horizons“, schafft es der letzte Song einen bunten
und sehr lebhaften Eindruck zu hinterlassen und eh Mann sich versieht, ist das
Album vorbei. Mit einer Gesamtspieldauer von nur knapp 40 Minuten (ohne
Bonustracks) ist es etwas kürzer als die vorigen Eloy-Alben.
Als Bonustracks
gibt es zum einem das sehr kommerzielle „Wings of Vision“, welches sich deutlich
vom gewohnten Eloy-Stil absetzt, sowie die erwähnte Single-Version von „Silhouette“.
ZUSAMMENFASSUNG
Eloy haben
den Übergang in die 80er Jahre gut überstanden. „Colours“ beinhaltet
sowohl kürzere und gradlinigere Lieder, als auch längere, verspieltere und
komplexere Lieder. Insgesamt klingt das Album deutlich frischer als seine
Vorgänger. Songs wie „Horizons“ und das abschließende Instrumental „Sunset“
sind in ihrer Art außergewöhnlich und wunderschön. Auffällig ist der hohe
Anteil an elektrischen Gitarren, wodurch auch ein insgesamt rockigerer Eindruck
entsteht. Weniger Symphonic-Rock, dafür mehr verspielter und farbenfroher Artrock.
Die Songs sind spürbar fröhlicher und gelöster, auch wenn diese nicht als
Ganzes im Kontext eines Konzeptalbums stehen. Ich würde es vielleicht mit „DUKE“
von Genesis vergleichen, welches zu selbiger Zeit erschien und seinerzeit sowohl
Fans als auch Kritiker zufriedenstellte. „Colours“ ist jedenfalls in meinen
Augen das letzte gute Eloy-Album, welches irgendwie noch den Sound der 70er
Jahre einatmet, aber mit dem anderen Fuß schon in den 80ern steht. Jedenfalls
kann man das Album immer wieder hören, es zählt auch zu meinen meistgehörtesten
Eloy-Alben. Ich bin mit dem Endergebnis voll zufrieden, nur auf „Gallery“
hätte man vielleicht verzichten können. Im Kontext einer 15-Punkte-Skale würde
ich es vielleicht mit 13 Punkten bewerten wollen. Also, wer etwas leichteren
Prog-Rock hören möchte, oder sich mit Eloy näher beschäftigen möchte, der kann
die „Colours“ ruhig kaufen. Eloy-Fans sollten dieses Album ohnehin
besitzen.
Quellen:
- Booklet zum Album
- Discogs.com
- Eloy - Legacy
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen